Bilder (oder: was hat der Black Friday mit der Runde zu tun)


 

 

 

Voilà, die Bilder der Runde 2018…

(…und ihre Geschichte)

Immer dann, wenn auf den sogenannten Black Friday der „Runde Samstag“ folgt, kann man ein ganz besonderes Schauspiel in der Wettkampfstätte beobachten.

Präzise ausgedrückt ist hier die Rede von einem Rundenwettkampf, der unmittelbar nach einem Shoppingmarathon folgt.

An solchen Tagen tummeln sich nämlich nicht nur die zahlreichen Turnerinnen in der Halle. Vielmehr haben sich dort auch ungewöhnlich viele Väter versammelt, die den sportlichen Höchstleistungen ihrer heranwachsenden Tochter sonst eher nur gespieltes Interesse entgegenbringen. Und sie haben an diesem Tage eines gemeinsam. Sie haben die frisch erstandene nagelneue Fotoausrüstung im Anschlag.

Anfangs schlendern sie noch eher gelangweilt, aber innerlich aufs höchste gespannt durch die Halle auf der Suche nach dem strategisch günstigsten Standpunkt für tolle Action-Fotos. „Wo kann ich mich so zentral postieren, um mit einem kurzen Schwenk nach Möglichkeit jedes Gerät formatfüllend einzufangen?“ Hat man seinen Platz schließlich eingenommen, verharrt man hier zunächst mit der festen Absicht, diesen gegen jedweden Kontrahenten notfalls mit Körpereinsatz zu verteidigen.

Bewegung kommt dann erst wieder ins Spiel, wenn man einen Fotografenkollegen entdeckt hat und sich inständig fragt, was der wohl für einen Kameraboliden im Internet erstanden hat. Nun kommt man in den Zwiespalt: seinen Standort verteidigen, oder losziehen und seine drängende Neugier befriedigen. Nach einer kurzen Dauer der Abwägung folgt die Phase der Rotation, und zwar bei allen männlichen Homosapien, die nun ausschließlich von ihrem Instinkt angetrieben werden.

Durch geschicktes Taktieren nähert man sich langsam und wie beiläufig dem Kollegen an, um heimlich aus dem Augenwinkel einen Blick auf seine Ausrüstung zu erhaschen. In dieser wichtigen Phase muss man natürlich durch ein lässiges Gangbild und lockere Körperhaltung ein völliges Desinteresse an der Konkurrenz vortäuschen.

Und so zieht sich der Kreis der neugierigen Fotografen immer dichter zusammen. Die eigentliche Sportveranstaltung ist längst nicht mehr im Fokus des Interesses. Allmählich kristallisiert sich der Sieger des Fotografenwettbewerbes heraus. Jener, der am Vortage noch eines der wenigen hochgepriesenen Vorserienmodelle aus dem Profisegment ersteigern konnte. Die Traube zieht sich durch geschicktes Verschieben weiter an ihn heran, bis er im Mittelpunkt umringt ist. Noch tut er so, als wenn er von alldem nichts bemerkt hat, obwohl er sich seines Erfolges nun sicher sein kann. Und plötzlich platzt es vor Neugier förmlich aus der Menge heraus. „Ist das etwa die Neue mit dem eingebauten 5-Achsen-Stabilisator und dem Pixel-Shift-Modus.“ Der Gefragte muss jetzt nur noch mit gespielter Überraschung auf die Frage reagieren, obwohl er natürlich längst die Situation durchschaut hat. Jetzt kann er sich stolz hinstellen und seinen Triumph auskosten. Jetzt kann er über Megapixel, mittenbetonte Integralmessung und die ideale hyperfokale Distanz philosophieren, die Umstehenden werden in diesem Jahr förmlich „an seinen Lippen hängen“.

Aber die Konkurrenz ist groß und im nächsten Herbst werden die Karten wieder neu gemischt. Die neue Kamera ist im nächsten Jahr nur noch ein veraltetes Auslaufmodell. Vielleicht spare ich und nehme auch wieder teil, dann muss der Ausbau des Dachgeschosses halt noch ein weiteres Jahr warten.

Dieses Phänomen lässt sich auch rein wissenschaftlich erklären:
Es ist das Bedürfnis des Menschen (oder Mannes), seinen Selbstwert zu maximieren und seine relative Position in der sozialen Hierarchie zu verbessern.

Ihr seht, man kann nichts dagegen tun.

Der Tag endet schließlich damit, dass die Väter bei der Runde (daher kommt auch der Name) zusammenstehen und fachsimpeln, obwohl die Turngeräte längst abgebaut wurden. Bilder hat übrigens niemand gemacht. Aber das ist beim Fotografieren auch nur zweitrangig.

 

 

 

 

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